1.1. Geologie

Der kleine Ort Vichten, 35 km von der südlich gelegenen Hauptstadt Luxemburg entfernt, liegt im fruchtbaren Gutland. Gespeist wird das Tal im Kanton Redingen durch den Bach Viicht, der bei Böwingen an der Attert in den Fluss Attert fließt. Die wellige Hügellandschaft gehört zum nördlichen Bereich des lothringischen Schichtstufenlandes mit einer mittleren Erhebung von 300 m ü. NHN (siehe Abb. 1). Das Klima ist milder und trockener als das im angrenzenden Öslings (kelt. osninga = Bergzug), dem Norden Luxemburgs. Die jährliche Niederschlagsmenge schwankt zwischen 700 und 1000 mm und die Jahresmitteltemperatur zwischen 8,5 und 9,5° C ().

Auch geologisch bietet sich hier ein wechselvolles Bild auf engstem Raum. Wie ein Mäanderband, verursacht durch einen stetigen Wechsel von Land- und Meeresphasen im Erdmittelalter (Mesozoikum, 251,9 - 66 Millionen Jahre), durchziehen verschiedene Sedimente die Gegend um Vichten. In der ältesten Periode des Mesozoikums, dem Trias, wechseln sich 231 Millionen Jahre alte Keupervarietäten in Form von Schilfsandstein und Bunte Mergel mit Nodosus-Schichten des 241 Millionen Jahre alten Muschelkalks (Trochiten – Seelilien) ab ().

Expand Expand Abb. 1
Geologische Gesamtsituation der Region um Vichten im Zeitalter der Trias (251,9 - 201,3 Millionen Jahre) (Quelle: Administration du cadastre et de la topographie du Luxembourg - https://map.geoportail.lu)

Legende Abb. 1

  • km = Schilfsandstein
  • ku = Bunte Mergel (Lettenkeuper)
  • mo = Trochitenschichten (Dolomit)
  • mm = Gipsmergel (Anthydritgruppe)
  • so = rotbrauner Sandstein

Schaut man in die nördliche Richtung über den Bach Viicht hinweg zum sanft abfallenden Südhang einer zum Teil bewaldeten Kuppe, wird einem diese besondere, geotopografische und klimatische Lage bewusst – südexponiert und geschützt vor den kalten Nordwinden und Überschwemmungen, in der Nähe der römischen Fernstraßenverbindung Civitas Remorum-Reims und Colonia Claudia Ara Agrippinensium-Köln. In diesem ausgedehnten Bogen lag der sorgfältig ausgewählte Standort des römischen Siedlungsplatzes, der beispielhaft für eine intensive agrarische Nutzung im Einzugsbereich der Colonia Augusta Treverorum-Trier steht. Entsprechend der bewegten Topografie verteilten sich die landwirtschaftlich genutzten Gebäude auf dem westlich gelegenen Kern der heutigen Ortsgemeinde Vichten beidseitig des Baches Viicht.

Expand Expand Abb. 2
Spätneolithische Dolchklinge (Silex) aus der Villengrabung (Quelle: MNHA/Tom Lucas & Ben Muller, 2020)

Die Nähe zum Wasser, die auf halber Hanghöhe geschützte Lage, ein günstiges Klima und fruchtbare Erde, boten gute Rahmenbedingungen für die Präsenz einer frühen Besiedlung im Tal (; ). Dafür spricht auch der Grabungsfund einer etwa 5000 Jahren alten spätneolithischen Dolchklinge ( siehe Abb. 2) mit abgebrochener Spitze aus importiertem Silex (), aus der Zeit der Schnurkeramik. Dieser besondere Standort war sicherlich von Vorteil für eine differenzierte, fruchtvolle und intensive Landwirtschaft, die Getreide, Gemüse und Fleisch in ausreichender Qualität und Quantität für die lokalen und überregionalen Märkte lieferte. Schon antike Autoren, stellvertretend sei PLINIUS der Ältere1 genannt, lobten die fruchtbaren Böden des Trevererlandes und die treverische Pferdezucht (XXX ; ).


  1. Geboren 23 n. Chr. in Novum Cumum-Como, starb Gaius Plinius Secundus Maior, genannt PLINIUS der Ältere, 79 n. Chr. in Stabiae-Castellammare di Stabia. Der naturwissenschaftlich interessierte Politiker und Offizier erstickt bei dem Versuch, den Ausbruch des Vesuvs von einem Schiff aus zu beobachten. ↩︎

Bibliografie

Eberli & Altorfer 2009
Eberli, U., & Altorfer, K. (2009). Feuersteindolche aus dem Museum für Urgeschichte(n) in Zug. In TUGIUM, 25, S. 141-154. Zug.
Edelmann 2003
Edelmann, J. (2003). Geologische Erscheinungen entdecken und verstehen. Bielefeld.
Faber 1971
Faber, R. (1971). Climatologie du Grand-Duché de Luxembourg, S. 5-11. Musée d’Histoire Naturelle et de la Société des Naturalistes Luxembourgeois. Luxemburg.
Herr 1985
Herr, J. (1985). Diekirch. Luxemburg.
Plinius 1947
Plinius, S. (1947). Naturalis Historia. XI, Zoologie (A. Ernout, & R. Pépin, Übersetzer). Paris.
Plinius 1993
Plinius, S. (1993). Naturalis Historia. XXXVII, Steine (R. König, Übersetzer). München.
Valotteau 2012
Valotteau, F. (2012). Prospection de R. Jacoby en 2010, éléments préhisoriques à Useldange, Mertzig et Vichten. In De Viichter Geschichtsfrënd, 11, S. 4-6. Vichten.