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MuseoMag N°I 2025
Die neuerworbene Silberschale erhielt die Inventarnummer 2024-038/001 und wird aktuell noch im Depot verwahrt. Sicher-
lich findet sie bald einen gebührenden Platz im Museum.
LUXEMBURGER SILBER TO GO?
Eine Deckelschale des Goldschmieds Johann Heinrich Poelcking aus der
zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
Sie ist formal in einem klassizistisch anmutenden
Stil gehalten und präsentiert sich mit einem genau-
so schlichten wie edlen Aussehen. Aufwendigster
Schmuck der Silberschale, die das Luxemburger
Nationalmuseum für Archäologie, Geschichte und
Kunst kürzlich erwerben konnte, ist der Knauf ihres
Deckels. Er wurde als fein gearbeitete und vergol-
dete Birne mit zwei Blättern ausgestaltet – ein für die
zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts typisches Zier-
motiv. Sie ist zu klein, um als Gemüseschüssel oder
Suppenterrine gedient zu haben, zu groß für eine
Bonbonniere. Es fällt zudem auf, dass der Deckel
nicht nur locker auf der Schale aufliegt, sondern als
Steckdeckel exakt eingepasst wurde. Wozu könnte
dieses Gefäß, das ohne Standfüße auskommt, aber
über zwei seitlich angebrachte, stilistisch auf den
Barock zurückweisende Griffe verfügt, ursprünglich
gedient haben?
EINE WOCHENSCHÜSSEL
Womöglich handelt es sich um eine jener Wochen-
schüsseln bzw. Wöchnerinnenschalen, welche ur-
sprünglich dazu gedacht waren, eine zubereitete,
eventuell gar warme Mahlzeit einer jungen Mutter
zu bringen, die nach der Geburt ihres Kindes das
Wochenbett hüten und erst wieder zu Kräften kom-
men musste. Die Deckel dieser Schalen to go dienten
dem Warmhalten der Speisen, die andernorts ge-
kocht worden waren, und umgedreht zugleich als
Teller. Die Oberseite des Deckels der neu erworbe-
nen Schale ist so flach, dass sie tatsächlich als
Standfläche des Tellers tauglich gewesen wäre.
Dies verhindert jedoch der Knauf, der auch nicht
als Standbein ausgeführt wurde, was ebenfalls eine
nicht untypische Lösung gewesen wäre. Wurde die
Birne eventuell nachträglich als Zierde angebracht?
Dies ist nicht ausgeschlossen, jedoch eher unwahr-
scheinlich. Dennoch erlauben die allgemeine Aus-
gestaltung, insbesondere die für eine Portion be-
stimmte Größe mit einem Durchmesser von etwa
sechzehn Zentimetern, der für einen Transport ge-
eignete Deckel und die dafür ebenfalls praktischen
Henkel, sich die Frage nach einer ursprünglichen
Nutzung des Gefäßes als Wochenschüssel zu stellen.
Denn sie erfreuten sich – und das ist ein weiteres
Argument für diese These – im 17. und vor allem 18.
Jahrhundert, also der Entstehungszeit des rezenten
Ankaufs, großer Beliebtheit.
©
mnaha
/
tom lucas