3 01 ‘ 2021 museomag
EDITORIAL
Sie halten nun bereits die 3. Ausgabe unseres Museums-
magazins in Corona-Zeiten in Händen. Wir hoffen, dass
wir trotz der Einschränkungen auch dieses Mal ein
interessantes und abwechslungsreiches Magazin für Sie
zusammenstellen konnten.
Den Auftakt machen wie gewohnt unsere Sonder-
ausstellungen. Denn ja, während in den Nachbarländern
die Museen und fast alle anderen kulturellen
Einrichtungen geschlossen bleiben, ist dies in Luxemburg
nicht der Fall. Wir haben bereits am 15. Mai 2020 wieder
öffnen können und setzen seitdem ein Hygienekonzept
um, das Ihnen im MNHA wie im M3E jederzeit einen
risikofreien Museumsbesuch garantiert.
Am Fischmarkt erwarten Sie gleich zwei neue
Ausstellungen:
– ab dem 22. Dezember 2020 können Sie eine der
wichtigsten Bewegungen in der französischen Malerei
der 1960 und 1970er Jahre kennenlernen. In ihrer
Abgrenzung von der tradierten abstrakten Malerei
nahmen die Künstler von Supports/Surfaces teilweise
extreme Positionen ein. Aus unserer hervorragenden
Sammlung zeigen wir elf repräsentative Werke von
zwei der wichtigsten Protagonisten, Patrick Saytour und
Claude Viallat, darunter ein imposantes Hauptwerk von
Patrick Saytour, welches vor Kurzem mit Unterstützung
der Amis des Musées angekauft werden konnte. Mehr
dazu aus der Feder des Ausstellungskurators Ruud
Priem auf den SS. 4-5.
–ab dem 22. Januar 2021 erwartet Sie mit Figure in Print
eine Ausstellung zur menschlichen Figur in der luxem-
burgischen Druckgraphik. Die Ausstellungskuratorin
Malgorzata Nowara berichtet auf SS. 8-10 über dieses
Projekt, das in enger Zusammenarbeit mit der
Nationalbibliothek und dem Graphikatelier Empreinte
entstanden ist und sowohl bei uns als auch in der
Nationalbibliothek zu sehen sein wird.
Eine weitere Ausstellung wirft in dieser Ausgabe
unseres museomag ihre Schatten voraus, die für Anfang
April geplante große Retrospektive zum Schaffen
des luxemburgischen Malers Robert Brandy. Ein
Werkstattbesuch von Nathalie Becker liefert Ihnen auf
Seite 11-13 hierzu einen ersten Vorgeschmack.
Auch dieses Mal wollen wir Ihnen einen Blick hinter
die Museumskulissen ermöglichen und nehmen dabei
unterschiedliche Aspekte unserer vom Publikum in der
Regel nicht direkt wahrnehmbaren Arbeiten an den
Sammlungen in den Fokus.
Bekanntlich beginnt gute Museumsarbeit mit einer
sorgfältigen Registrierung und Inventarisierung der
Sammlungsobjekte. Wenn aber Sammlungen lange
Zeit unter nicht adäquaten Bedingungen ein- und
zudem mehrfach umgelagert werden - was für die
Sammlungen des MNHA vor dem Umzug in unser
zentrales Sammlungsdepot der Fall war - schleichen sich
auch in das beste Inventar Fehler ein. Fabienne Pietruk
berichtet in diesem Zusammenhang auf SS. 22-25 über
ihre laufenden Re-Inventarisierungsarbeiten unseres
Bestands an gallo-römischen Steinfragmenten.
Sammlungsbetreuung heißt aber auch, immer wieder
den Zustand der Objekte zu überprüfen und gege-
benenfalls einzugreifen. Unsere Gemälderestauratorin
Simone Habaru beschreibt auf SS. 6-7 die komplexen
Restaurierungsarbeiten an einem Ölgemälde des 17.
Jahrhunderts, bei der ihr zudem die Entdeckung der bis
dahin unbekannten Signatur und Datierung gelang.
Über die Fragen, die sich bei der Ausstellung von
Kunstwerken auf Papier hinsichtlich ihrer Montierung
stellen, erfahren Sie mehr durch den Beitrag von Deborah
Velazquez auf SS. 26-27, während sich Muriel Prieur auf
SS. 28-31 einer Methode zum Schutz besonders sensibler
Altmeister-Gemälde auf Holzpaneelen zuwendet.
Einen aussergewöhnlichen Sammlungszugang, einen
Colt M1917 U.S. Army Service Revolver von 1919, stellen
Ralph Lange und Benoît Niederkorn auf SS. 14-17 vor.
Nicht nur bei restaurierungsbedürftigen, auch bei
quasi perfekt erhaltenen und vermeintlich eindeutig
bestimmten Objekten kann eine genauere Betrachtung
wichtige neue Erkenntnisse zutage fördern. So gelang
es der Kunsthistorikerin Jahel Sanzsalazar vor Kurzem,
mit überzeugenden Argumenten ein bis dahin
Abraham Willemsen (Antwerpen 1607/1610-1672)
zugeschriebenes Bild aus den Sammlungen des MNHA
eindeutig Wilhelm van Herp (Antwerpen 1614-1677)
zuzuordnen. Mehr dazu sowie zum seltenen Bildmotiv
des Gemäldes auf SS. 20-21.
Die aktuelle Pandemie und die damit einhergehenden
Einschränkungen haben auch und gerade die Arbeit
unseres museumspädagogischen Dienstes besonders
stark in Mitleidenschaft gezogen. Viele unserer Angebote
können immer noch nicht oder nur in eingeschränkter
Form durchgeführt werden. Flexibilität sowie Offenheit
für neue Wege und Formate waren und sind deshalb
wichtiger denn je. Michèle Platt berichtet auf SS. 32-33
beispielhaft über einen mehrteiligen Zeichenworkshop
für eine Klasse der ENAD (École nationale pour adultes)
der kurzerhand vom Museum in die Schule ausgelagert
wurde, um ihn zu einem guten Ende führen zu können.
Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre!
SEHR GEEHRTE
LESERINNEN UND LESER,
MICHEL POLFER MUSEUMSDIREKTOR