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diese Theorie sprechen mehrere Anhaltspunkte: erstens war
der Beginn einer Maueränderung in Mauer B2 zu erkennen,
der jedoch leider nicht weiter nachgegangen werden konnte
(vgl. Abb. 15). Zweitens steigt die Sohle der Gräfte zu Mauer E
hin an – könnte somit sogar unterbrochen gewesen sein – , und
drittens konnten wir archäologisch den westlichen Teil eines
Weges fassen, der nach der systematischen Verfüllung der
Gräfte im 18. Jh. angelegt worden war und ungefähr die glei-
che Trasse benutzt hat. Der Verlauf des neuzeitlichen Weges
scheint dabei auf die kleine Brücke zuzugehen, die zum ehe-
maligen Gutshof auf der anderen Bachseite führte und die
auch im Urkataster noch verzeichnet ist (vgl. Abb. 4). Leider
lag der Grossteil des Weges unter dem Zugang zum Innenhof
des 20. Jahrhunderts. Aufgrund der Auflage, diesen Zugang
für die späteren Abrissarbeiten bestehen zu lassen, konnte
diese Frage archäologisch leider nicht zur vollen Zufrieden-
heit geklärt werden.
ZUSAMMENFASSUNG
Was den Verlauf der Umfassungsmauer und der Gräfte an-
geht, so konnte doch zumindest der westliche Bereich gut
rekonstruiert werden. Beide haben weniger einen echten
fortifikatorischen Nutzen, sondern eher eine repräsentative
Funktion zur symbolischen Darstellung der Machtbefug-
nisse der Herrschaft. Leider waren große Teile der Anlage
entweder schon durch die Bauten des 20. Jahrhunderts ge-
stört oder aufgrund der Auflagen des Bauherrn nicht zugäng-
lich, so dass uns die Gestaltung des östlichen Bereichs völlig
entgeht. Auf die Existenz weiterer Gebäude weist zumindest
Mauerfragment D hin. Trotz aller Schwierigkeiten im Detail,
zeigt uns doch der archäologische Befund aus der westlichen
Hälfte, dass das Gebäude A ziemlich mittig auf dem Burg-
areal gelegen hat. Unterstützung findet diese Hypothese auch
durch den Urkataster, dessen Begrenzungen die alten Besitz-
verhältnisse widerspiegeln.
Von der Grösse der Anlage her gleicht die mittelalterliche
Niederburg zu Colpach jenen der nahe gelegenen Schlösser
von Ell und Everlingen, die leider bislang noch nicht weiter
erforscht worden sind. Abgesehen von den Grabungen Ray-
mond Waringos in Bettemburg, stellt die Colpacher Grabung
für Luxemburg die erste archäologische Untersuchung eines
kleinen Herrensitzes dar – ein Thema, das hierzulande bisher
leider noch keine wissenschaftliche Beachtung gefunden hat.
Ebenso fehlt die historische Aufarbeitung solcher Herren-
sitze. Obwohl die Literaturangaben zu Colpach mehrere Sei-
ten umfassen, beschäftigen sich doch lediglich drei Autoren
– und dies zudem nur recht oberflächig – mit der Frühzeit des
Schlosses. Der Fall Colpach zeigt aber auch, wie sinnvoll und
notwendig es ist, auch die kleinen und auf den ersten Blick
unscheinbaren Herrensitze zu erfassen und zu untersuchen,
denn nur profundes Wissen schützt vor Entscheidungen, die
von späteren Generationen, denen wir Rede und Antwort
stehen müssen, bereut werden könnten.<
BIBLIOGRAPHIE
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Colpach
150e
Anniversaire, Fête cantonale, Juli 1980.
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KRIER tony, KOLtZ Jean-Pierre, Les châteaux historiques du Luxembourg, Luxemburg 1975,
96f.
Abb. 16 Ansicht Mauer B3 mit Mauer E dessen Funktion nicht klar geklärt
werden konnte (© MNHA).