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Empreintes
2008
man vier, mit unterschiedlichen Farben gekennzeichnete
Gespanne auf der Rennbahn ; die Wagen werden allerdings
von Vögeln (Tauben, Enten, Flamingos und Perlhühnern)
statt von Pferden gezogen (Abb. 4). Dieses Szenarium ist
also keinesfalls „realistisch“ und die Wagenlenker, in deren
schwungvollen Bewegungen man den Altrierer auriga wie-
derzuentdecken meint, sind als jugendliche, kleinwüchsige
Fantasiegestalten (Zwerge ?) zu verstehen. Allerdings bedeu-
tet dies nicht, dass auch das Fundstück aus Altrier in diese
Richtung interpretiert werden muß. R. Thomas zitiert proso-
pographische Studien von G. Horsmann, die „erwiesen, dass
es sich bei den Wagenlenkern in der Regel um Sklaven bzw.
um Freigelassene handelte. Diese fingen ihr Training […] be-
reits im Kindesalter
an“9.
Vor diesem Hintergrund sind nun
weder die Jugendlichkeit noch das durch die Frisur gekenn-
zeichnete fremdländische Aussehen unseres Wagenlenkers
weiter verwunderlich.
Der kleine Wagenlenker aus Altrier wurde im Umfeld eines
Heiligtums mütterlicher Gottheiten
gefunden10.
Von dort
stammt auch der Rest eines Knabenkopfes aus Terrakotta
(Abb. 5). Ob die beiden Statuetten einst als Votivgaben für
jugendliche Kultbegleiter der Göttinnen gedacht waren,
läßt sich aufgrund der bisherigen Erkenntnisse nicht sagen.
R. Thomas schließt Weihegaben als Funktion der aufwen-
digeren Wagenlenker-Statuetten jedenfalls nicht
aus 11.
In die-
sem Zusammenhang ist von Interesse, daß der Circus Maxi-
mus in Rom u.a. mit einer bei Tertullian (ca. 160-220 n. Chr.)
erwähnten Kybele-Statue auf der spina, d.h. der Mittelachse
der Arena, geschmückt war. Diese Figur taucht bei mehreren
Circus-Darstellungen, vor allem in Mosaiken, immer wieder
auf 12.
Diese Assoziation mit der Magna Mater mag auch in
Altrier ausschlaggebend für den Besitzer (Stifter ?) der Bronze-
statuette gewesen sein.<
Abb. 4 Wagenlenker aus
der Villa del Casale
(© MNHA).
Abb. 5 terrakotta-Fragment : Knabenkopf aus Altrier (© MNHA).