Full text: Empreintes 04

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EINLEITUNG1	 
In der Geschichte des heutigen Musée national d’histoire et d’art 
(MNHA) stellen die Jahre der deutschen Besatzung während 
des Zweiten Weltkriegs einen wichtigen Einschnitt dar. 
Die Musées de l’Etat du Grand-Duché de Luxembourg2 waren 
in einem langwierigen und von zahlreichen Rückschlägen 
geprägten Entwicklungsprozess entstanden, der sich vom 
Ende des 19. Jahrhunderts bis in die unmittelbare Vorkriegs- 
zeit hingezogen 
hatte3. 
Erst wenige Monate vor Beginn des 
2. Weltkriegs war der neue Museumsbau am Fischmarkt 
fertiggestellt worden, die Einrichtung der Dauerausstellung 
hatte bei Kriegsausbruch eben erst begonnen. 
Die Sammlungen gründeten vor allem auf den bedeutenden 
archäologischen und numismatischen Beständen der Section 
historique de l’Institut Grand-Ducal, welche diese bereits 1927 in 
die Obhut des Staates übergeben hatte. Darüber hinaus um- 
fassten Sie vor allem naturwissenschaftliche Bestände. Die 
Bildende Kunst sowie die Volkskunde spielten dagegen noch 
so gut wie keine Rolle. 
Seit Ende 1940 unterstand das Museum im Rahmen der 
deutschen Zivilverwaltung unter Gauleiter Gustav Simon 
als Chef der Zivilverwaltung (CdZ) dann der Verwaltung der 
Höheren Kommunalverbandsangelegenheiten beim Chef der Zivil- 
verwaltung, zunächst unter der Zuständigkeit von Dr. Vogler, 
Museumspfleger der 
Rheinprovinz4. 
Die Jahre der deutschen Besatzung sollten für das in Entste- 
hung befindliche Museum in mehrfacher Hinsicht von großer 
Bedeutung sein. Die nationalsozialistischen Machthaber ent- 
wickelten im Rahmen ihrer unter der Parole Heim ins Reich 
propagierten Germanisierungspolitik große Pläne für das 
Museum: Es sollte erheblich vergrößert und zu einem Schau- 
fenster germanischer Kultur und deutschen Volkstums an der 
Grenze zum Welschland werden. Anvisiert war dabei auch ein 
beträchtlicher Aus- und Umbau der Museumsgebäude, nach 
dessen Vollendung sich das Museum über die gesamte Fläche 
des Stadtviertels um den Fischmarkt erstreckt hätte. 
Während der Besatzungsjahre wurden daher zusätzliche 
Mitarbeiter eingestellt, was den Aufbau professioneller Mu- 
seumsdienste überhaupt erst ermöglichte. Zwischen 1941 
und 1944 erhöhte sich der Personalbestand um insgesamt 
zwölf Personen, - von drei auf fünfzehn Mitarbeiter! 
Darüber hinaus stellte der Chef der Zivilverwaltung im Rah- 
men seiner kulturpolitischen Aufbaumaßnahmen beträchtliche 
finanzielle Mittel zum Ankauf von Objekten zur Verfügung. 
Aus der Rückschau erscheint besonders wichtig, dass dabei 
auch neue, bis dahin nicht oder nur in Ansätzen erschlossene 
Sammlungsgebiete erfasst wurden; in besonderem Maße gilt 
dies für den Bereich der Volkskunde. 
DIE	SAMMLUNG	REIFFERS	IM	KONTEXT	DER	 
SAMMLUNGSTäTIGKEIT	DER	BESATZUNGSZEIT 
Die Registereinträge verzeichnen für die Jahre 1940-1944 ins- 
gesamt rund 450 Inventarnummern, für das Jahr 1945 sind 
keine Zugänge mehr zu verzeichnen 
gewesen5. 
Da die Inven- 
tarnummern in vielen Fällen zahlreiche - manchmal über 100 
- Einzelobjekte erfassen, ist die Zahl der in die Sammlungen 
gelangten Objekte jedoch um ein vielfaches größer. Insge- 
samt sind während der Besatzungsjahre etwa 3.500 Objekte 
vom Museum angekauft worden. 
Im Folgenden soll ein wichtiger Teilaspekt dieser Ankäufe 
näher betrachtet werden, der Erwerb von Teilen der Kunst- 
sammlung des Notars Edmond 
Reiffers6: 
Aus dem deutlich 
größeren Gesamtbestand dieser Privatsammlung wurden auf 
Anweisung des CdZ in zwei Etappen (1942 und 1944) insge- 
samt neununddreißig Kunstwerke angekauft. 
Für eine gesonderte Betrachtung spricht zunächst der durch- 
schnittliche Ankaufspreis der Kunstwerke, der bei über 
Die	Sammlungen	der	Musées de l’Etat	unter	deutscher	 
Besatzung	(1940-1945): 
Zum	Ankauf	der	Kunstsammlung	des	Luxemburger	Notars	 
Edmond	Reiffers	durch	die	deutsche	Zivilverwaltung	 Michel	Polfer
	        
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