VARLIN UND ANDERE ÜBER VARLIN
1922 «Von Ihnen weess ick heut noch nischt, könnense
wat oder könnense nix.»
(Orlik zu Varlin in der staatl. Kunstgewerbeschule
Berlin)
1943 «Mole Si scho lang?»
(Georg Schmidt zu Varlin, als dieser ihm Bilder
zeigte)
1944 «Ist es Bluff oder mehr.»
(Manuel Gasser in der Weltwoche 1944)
1958 Georg Schmidt: eröffnet die Ausstellung in St.
Gallen
1944 Zürcher Nachrichten: «Trister Graumaler»
Zürcher Nachrichten: «Jetzt ist er bunt, schade,
dass er nicht mehr seine schönen Grau hat.»
1951 «1922 geht Varlin nach Paris und trifft sich dort
mit einem Kreis von Schweizern bei dem damals
vielbegehrten Lehrer Andre Lhote. Hans von Matt
in Stans ist der einzige heute noch tätige Schwei-
zer Künstler, der neben Varlin ‚zu Füssen‘ von
Lhote sass und dessen damals für genial gehal-
tene Lehre der ‚courbes et droites‘ sich aneig-
nete. Varlin ist heute noch dankbar für jene
etwas gewaltsame Formlehre. Sie hat ihn wenig-
stens gelehrt, wie man in einer Bildkomposition
Ordnung schafft.»
(Toni Müller, Katalog KM Luzern 1951)
«Etwas anders verhält es sich mit den Zürchern
Gubler, Hosch, Hunziker und Varlin. Gubler voll-
zieht den organischen Anschluss an den schon
genannten französischen Fauvismus und dessen
zu ungebrochenster Ausdrucksfähigkeit gestei-
gerten reinen Farbe, Hunziker und Varlin des-
gleichen an den entweder aus oder mit dem Fau-
vismus entstandenen französischen Expressionis-
mus, Hunziker an Rouault, Varlin an Utrillo, und
Hosch verwirklicht schliesslich den Anschluss
sowohl an den franzósischen wie den zumindest
formal aus etwas aus diesem herausgewachse-
nen deutschen Expressionismus.»
(Varlin trug lange den Spitznamen «Utrillo von
Wolishofen»)
(Max Eichenberger, «Du», Februar 1946)
1951 «Varlin könnte Säle füllen mit Bildern, die nichts
als Fassaden von Spitälern, Hotels, Zuchthäusern
oder Ministerien zum Vorwurf haben.»
(Toni Müller im Katalog KM Luzern 1951)
1958 «Wenn man so dumm ist wie Du, muss man beim
Malen nicht denken, nur malen.» Das ist der
beste Ratschlag, den man mir je gegeben hat.
(Anna Indermaur zu Varlin, erzählt von Varlin)
1961 «Ich erinnere mich, dass es dabei vom Winde
fortgetragen wurde, sich wie ein Drachen in die
Luft erhob und dann nach Butterbrotmethode auf
den Boden fiel. Was aber die Wirkung des Bildes
nur erhöhte.»
(Varlin erzählt über ein Erlebnis mit dem Bild:
«Arbeitslose bewachen die Weihnachtskrippe».
Neapel 1961)
1969 «In New York liegt alles, was der Mensch braucht
und ihn verbraucht, auf der Strasse, vom Doppel-
bett bis zur kleinsten Schnur.»
(Varlin über New York, «Du», März 1970)
1961 «Natürlich klebe ich nicht der l'art pour l'art.
Schónheit wegen, ich mache Collagen, um die
inhaltliche Wirkung meiner Bilder zu erhóhen.
Also beim ,Arbeitslosen' um sein Elend und die
Auswegslosigkeit seiner Situation zu zeigen.»
(Varlin über das Bild «Arbeitsloser Neapolitaner»
1961, «Du», Márz 1970)
1970 «Wieso soll ich ein dreiradfahrendes Kind zeich.
nen, wenn ich es aufkleben kann?»
(Varlin, «Du», März 1970)
1970 «Ich setzte mich darüber hinweg, dass man mir
nachsagt, ich sei ein bösartiger Karikaturist. Ich
karikiere meine Modelle nicht, ich beobachte sie
haarscharf. Ich mache mich über niemanden Iu-
stig und verspotte keinen. Die Menschheit be-
steht ja wirklich zum Grossteil aus Haifischen
und Kannibalen; sie tut mir aber eher leid, als
dass ich sie verspotte.»
(Varlin, «Du», Márz 1970)
«... dass mir mein Freund Noldi Rüdlinger jetzt
die Möglichkeit gibt, die schon in Zürich reich-
lich kompromittierten Opfer auch noch der Bas
ler Schadenfreude auszusetzen.»
(Varlin in seiner Selbstbiographie)
«Er schien beim Malen kaum die Leinwand zu
berühren. Er malte mich als eine Mischung von
Ganghofer und Nero (möglich, dass Varlin damit,
listig wie er ist, eine literarische Kritik verpackte).»
«Malte man (früher) einen würdigen General,
malte man einen General, dem sein Beruf Würde
verlieh. Varlin würde einen General malen, der
sich einbildet, sein Metier verleihe ihm Würde.»
(F. Dürrenmatt, Katalog KH Basel 1967)
1967 «Als er mich zum zweitenmal porträtierte, hatte
er, wohl unzufrieden mit seinem ersten Versuch,
plötzlich Schwierigkeiten. Er beschloss, mich zu
zeichnen. Den Wänden seines Ateliers entlang
staffelten sich die Bilder, auf einem Tische türm-
ten sich Unmengen von Speisen, Bündnerfleisch,
Schinken, Cervelats, Sardinen, Käse, Brötchen,
wohl als Lockmittel für mein Modellsitzen ge-
dacht, doch ein Papier zum Zeichnen liess sich
nicht auftreiben.»
(F. Dürrenmatt, Katalog Basel 1967)
«Varlin ist ein Porträtist. Durchgeht man die Na-
men der grossen Bildnismaler nach einem Ver-
gleich mit ihm, so wird man bei Goya innehalten.
Denn mit Goya teilt sich Varlin in die rátselhafte
Tatsache, dass sich das Modell auch dann mit
dem Maler solidarisch erklárt, wenn er es erbar-
mungslos blossstellt. Man denke nur an die Kó-
nigin Maria Luisa! Das Bildnis, das Goya von
dieser Fürstin malte, zeigt eine Person, für die
der Ausdruck ,Fischweib' noch der hóflichste ist.
War sie deshalb erbost? Liess sie das Zerrbild
zerstóren, seinen Schópfer in Ungnade fallen?
Im Gegenteil. Immer von neuem stellte sie sich
seinem grausamen Pinsel! Genau gleich verhált
es sich im Falle Varlins. Er hat aus den Freun-
dinnen und Freunden, die er portrátierte, lauter
Hexen, Gnomen, Wechselbálge, Ungeheuer ge-
macht. Wenn man aber die solchermassen Miss-
1967