Die Stadt Luxemburg, von der Côte d'Eich gesehen
um 1839 - 1840H x L: 14 x 19 cm
Joseph Mallord William Turner (1775-1851) – der berühmteste Landschaftsmaler der englischen Romantik – kam erstmals 1824 nach Luxemburg; ein zweiter Aufenthalt folgte 1839. Unter den misstrauischen Blicken der preußischen Kommandantur, die ihn als englischen Spion verdächtigte, hielt er die Umgebung der Festung in Skizzen fest.
Das erste Aquarell zeigt eine „Ansicht der Stadt Luxemburg von Fetschenhof aus gesehen“. Turner hat von demselben Standort aus insgesamt drei Ansichten ausgeführt. Das Aquarell des MNHA, dessen Wirkung durch die Verwendung von Gouache zusätzlich betont wird, ist die vollendetste und vollständigste Version. Auch von dem zweiten Aquarell, der „Ansicht der Stadt Luxemburg von der côte d’Eich aus gesehen“, hat Turner mehrere Versionen entworfen. Beide Ansichten entstanden während des zweiten Aufenthaltes Turners in Luxemburg. Sie wurden wahrscheinlich erst nach der Rückkehr des Künstlers in sein Atelier, also frühestens im Herbst 1839, ausgeführt. Auf seinen Reisen arbeitete Turner nämlich wenig mit Farbe, sondern fast ausschließlich mit dem Zeichenstift. Der Skizzenblock, den er von seiner Reise mitbrachte, enthält rund dreißig ähnliche Ansichten von Luxemburg und seiner Festung.
Seine Aquarelle fertigte er später im Atelier in verschiedenen Reihen an, die den unterschiedlichen Orten entsprachen, wobei er jeweils spezifische Sujets und Farben auswählte. Auf den rund zwanzig heute bekannten Aquarellen von Luxemburg – die alle auf kleinformatigem (14 x 19 cm) dunkelblauem Büttenpapier gemalt wurden – sind Festung und Felsen hauptsächlich in Rot-, Rosa-, Gelb- und Ockertönen dargestellt.
Die im MNHA aufbewahrten Ansichten zeigen, dass der Künstler die Verteilung des Lichts perfekt beherrschte, wobei er sich durch die Konzentration auf die Atmosphäre des Augenblicks an der Grenze zur Abstraktion bewegte; gleichzeitig fällt die – seinerzeit durchaus kontrovers diskutierte – freie Pinselführung auf, die eine Generation später die Impressionisten begeisterte und Turner heute zu einer der bedeutenden Figuren der Kunstgeschichte macht.
Die „Ansicht der Stadt Luxemburg von Fetschenhof aus gesehen“ konnte 1982 unter Mitwirkung der Gesellschaft der Museumsfreunde dank der Unterstützung großzügiger Mäzene, allen voran Ihrer Königlichen Hoheiten des Großherzogs und der Großherzogin von Luxemburg, erworben werden.
Text | CC BY-NC | Michel Polfer