22 museomag 01 ‘ 2020 EINE „KLEINE, UNBEDEUTENDE ROLLE IM GROSSEN THEATER“ DER ECHTERNACHER TAUSENDSASSA MICHEL FRANÇOIS JOSEPH MULLER (1762-1843) IN SEINEN EIGENEN WORTEN V. Maisonet, Michel-François-Joseph Muller (1762-1848), Öl auf Leinwand, 1793 © éric chenal Michel François Joseph Muller wurde im Jahr 1762 in Trier geboren und machte im Rechtswesen Karriere. In seinem Nachlass schreibt Muller, dass er „unter Kaiser- lich Oesterreichischer Regierung zu Echternach Hoch- gerichtsschöffen [im Jahr 1791] und Inquisitor der Herrn Landstände“ war. Seit 1792 vertrat dieser „im Rechte Beflißener“ die Stadt Echternach bei den Ständen des Herzogtums Luxemburg und der Grafschaft Chiny. Im Jahr darauf wurde er Friedensrichter. Im August 1794 verließen die Mönche überstürzt die Abtei Echternachs, weniger als eine Woche später zogen die französischen Truppen ein. Nachdem Luxemburg als Département des Forêts in das Herrschaftsgebiet der jungen Repu- blik eingegliedert worden war, blieb Muller, der mit den Revolutionstruppen kooperierte, im Amt. Im Jahr 1811 wurde er zum stellvertretenden Staatsanwalt befördert, im Jahr darauf stieg er anschließend zum Procureur impérial criminel auf. 1814 erfolgte der Umzug nach Trier, wo Muller bis zu seiner Pensionierung 1827 als königlich preußischer Appellations- und Landgerichts- rat amtierte. VARIATIO DELECTAT Muller war nicht nur ein bedeutender politischer Ak- teur des ausgehenden 18. und einsetzenden 19. Jahr- hunderts, sondern darüber hinaus ein Zeitzeuge, der sich in sämtlichen Disziplinen versuchte – neben dem Beruf. Bereits im Jahr nach seiner Matura wurde Muller am 20. September 1780 in Philosophie zum „der Wel- tenweißheit Doktor“ promoviert. In diesem Rahmen legte er seine „philosophische[n] Betrachtungen über verschiedene Gegenstände“ an, „Gedanken […] aus meinen frühen Jugend=Jahren, von weniger Erfahrung begleitet“. Obwohl Geisteswissenschaften in der Form damals noch nicht bestanden, war es dennoch nahezu unmöglich, eine gewinnbringende Anstellung als Phi- losoph zu erringen. So wechselte Muller im Jahr 1781 die Fächer, studierte die folgenden sechs Jahre in Trier Theologie und Wissenschaften, öffentliches Recht und Kirchenrecht und legte damit den Grundstein seiner Karriere. Sein Gedankenheft führte er mit „Überlegun- gen eines reiferen Alters, auf manchfaltige Erfahrung gegründet“ weiter.