94 In den Sammlungen des Luxemburger Nationalmuseums für Geschichte und Kunst gibt es eine Reihe von gestalteten Bild- modeln aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit, welche vor allem aus den rezenten Ausgrabungen in Luxemburg- Stadt stammen.2 Neben profanen Darstellungen wie Mytho- logie oder Heraldik überwiegen bei den dargestellten Bild- themen religiöse Szenen. Der hier erstmals vorgestellte neue Bildmodel stammt aus der Ausgrabung einer kleinen, spätmittelalterlichen bis frühneu- zeitlichen Vorstadtsiedlung auf dem Gelände des späteren „Mansfeldschlosses“ in Luxemburg-Clausen.3 Diese Sied- lung wurde im Vorfeld der Errichtung der Schloßanlage des luxemburgischen Gouverneurs Peter Ernst von Mansfeld im Verlauf der 1560er Jahre geräumt und geschleift. Auf dem Gelände entstand in den folgenden Jahrzehnten die ausge- dehnte Palastanlage mit den dazugehörigen Gärten.4 Bei unserem Neufund handelt es sich um eine Matrize 5, wel- che das Negativ für das herzustellende Massenteil bildet. Seit der Antike benutzte man zum Anfertigen plastischer Klein- bildwerke Positivformen (Patrizen) und Hohlformen (Matri- zen). Die Ausformungen aus den Hohlformen dienten zur Herstellung von „[…] Figuren, Schmuckkacheln für Zimmeröfen, Dekorauflagen für Steinzeuggeschirr, Zierapplikationen aller Art für Möbelstücke, Holzkästchen, Spanschachteln, Hausaltärchen, Ker- zen und Devotionalien, schließlich Feingebäck, Lebkuchen, Zucker- werk und Tafeldekor.“ 6 Zum Ausformen benutzte man neben Ton auch mit diversen Bindemitteln versehene Massen wie Papier, Kreide oder Reis, ferner auch Wachs, Kuchenteig oder Marzipan.7 Das Model aus Clausen ist als langgezogenes Achteck ausge- führt. Die Abmessungen betragen 6,9 cm x 6,2 cm x 1,4 cm. Die Bildfläche misst 5,7 x 4,6 cm. Das sorgfältig ausgear- beitete und z. T. aufwendig hinterschnittene Relief ist bis zu 6 mm tief. Die untere rechte Ecke ist abgebrochen. Der Ton ist von hellroter Farbe.8 Zur Darstellung kommt die sog. Bekehrung des heiligen Hu- bertus, dem Patron der Jäger.9 Dieser ist im Vordergrund des Reliefs links der Mittellinie abgebildet. Kniend, in Seitenansicht, jedoch ein wenig dem Betrachter zugewandt, hat er seine Hände zum Gebet gefal- tet. Die gefalteten Hände bilden den Mittelpunkt der gesam- ten Darstellung. Der Heilige blickt empor zu einem zwischen zwei Felsformationen stehenden Hirsch mit dem Bild des Gekreuzigten im Geweih, der am rechten Bildrand in Fron- talansicht abgebildet ist. (Abb. 1) Obwohl das Relief sehr klein bemessen ist, ist die Darstel- lung äußerst detailliert: Der Heilige Hubertus trägt Jagdkleidung mit kurzem, in der Taille gegürtetem, am Saum geschlitzten Rock sowie engan- Saint Hubert de Liège Ein neues Bildmodel aus Luxemburg – Clausen 1 Matthias Paulke 1 Für ihre Unterstützung beim Entstehen dieses Artikels sei Dr. Jean Krier (MNHA), ferner dem Konservator des Diözesanarchivs des Erzbistums Luxemburg Valentin Wagner sowie Dr. simone Martini, Trier herzlich ge- dankt. Besonderer Dank gilt den Restauratoren des MNHA Jean-Marie Elsen und Dinko Baez für die gelungene Ausformung des Bildmodels, die sich als ausgesprochen schwierig erwies. 2 Reinert u.a. (1999) 345-347 sowie Bis-Worch (2001). 3 Das Bildmodel wurde im september 2006 beim Freilegen der die mittelalter- liche Vorgängersiedlung erschließenden straße, zwischen den Gebäuden 73 und 79 gefunden. inv. 2003-022/1022. 4 zur schlossanlage des Grafen Peter Ernst von Mansfeld, siehe Mousset u.a. (2007). 5 Matrize: „Mutterform“, vom französischen: matrice „Gussform“, eigentlich „Gebärmutter“, Plural Matrizen. 6 seewaldt (1998) 279. 7 seewaldt (1998) 279-302. 8 seewaldt (1998), Abb.11: Ein vergleichbares oktogonales Model mit der Darstellung der Muttergottes mit Kind befindet sich im Rheinischen Landesmuseum in Trier, ein weiteres mit der Darstellung der Heiligen Drei Könige im Lobdengaumuseum Ladenburg. 9 Ferner der Drechsler, Fabrikanten, Gießer, Hersteller mathematischer Geräte, Kürschner, Mathematiker, Metzger, Metallarbeiter, optiker, schellenmacher, Jagdhunde, gegen Tollwut, Hundebiß und Besessenheit. Hierzu: Jöckle (1995) 185-186. 10 Eine interessante Parallele in der Darstellung stellt eine heute in der Bibliothèque nationale de France aufbewahrte Buchmalerei aus der „Legende des Heiligen Hubertus“ dar (BnF, Francais 424, RC-A-95978, Folio 9); s. Abb. 3. 11 Bautz (1990) sp. 1108–1109. 12 Doucet (2006) 168.