80 Im September 1982 konnte der Grabungsdienst des Luxem- burger Museums im Vorfeld der Bauarbeiten zur Errichtung der großen Zollstation an der Autobahn Luxemburg-Trier (heute: Raststätte Wasserbillig der A 1) in der nordwestlich von Wasserbillig, hoch über dem Sauertal gelegenen Flur „an de Fréinen“ einen römischen Gutshof untersuchen, bestehend aus einem Herrenhaus und sieben verschiedenen Nebengebäuden, die sich nach einem lockeren System auf ein ummauertes Areal von rund 1,7 ha verteilten 1. Die in frühfla- vischer Zeit entstandene Anlage wurde auch in der Spätantike weiter genutzt und erlebte, nach Aussage des Fundmaterials, noch eine letzte wirtschaftliche Blüte in valentinianisch- gratianischer Zeit, um dann bei den Germanenstürmen zu Beginn des 5. Jahrhunderts endgültig unterzugehen 2. Dass das Landgut „an de Fréinen“ auf den südlich, westlich und nördlich angrenzenden Hochflächen bzw. an deren Rän- dern, im einem Umkreis von etwa 1200 m, von weiteren größe- ren römischen Siedlungsstellen („Bocksbierg“, „Sernig“, „Kuerdboesch“, „Sartdorf“) umgeben war (Abb. 1), ist seit längerem bekannt 3. Auch diese Plätze, besonders der den Vicus von Wasserbillig und damit den Zusammenfluss von Sauer und Mosel dominierende „Bocksbierg“, zeichnen sich durch ein reiches Fundmaterial aus dem 4. Jahrhundert aus 4. Zuletzt (Februar 2005) hat eine dieser Siedlungen („Kuerd- boesch“) einen etwa 6500 Münzen umfassenden Hortfund mit Bronzeprägungen der Kaiser Konstantin d. Gr. und Licinius I. aus der Zeit um 316/317 n. Chr. preisgegeben 5. Die zur Gemarkung der Sauerortschaft Moersdorf, Gem. Mompach, gehörende römische Siedlungsstelle „Sar(t)dorf“ wurde bereits 1917 von Christian Beck in seiner „Geschichte des Dorfes und der Pfarrei Mörsdorf“ kurz beschrieben 6. Beck vermutete, dass es sich bei dem Platz um eine römische Mi- litärstation handelte, „die der Hunnenkönig Attila vom Erdboden mag hinweggefegt haben“ und die „bereits vor Beginn des Mittelalters dem Untergang verfallen war“ 7. Der Flurname „Sar(t)dorf(f)“ 8 weist unzweifelhaft auf eine Wüstung hin, d.h. auf eine ehe- malige, aufgegebene bzw. zerstörte Ansiedlung, selbst wenn, wie Beck andeutet, der Name in keiner mittelalterlichen oder frühneuzeitlichen Schriftquelle bezeugt ist 9. Im östlichen Ein frühchristlicher Ziegelstempel aus der römischen Villa von Moersdorf-„Sartdorf“ Jean Krier 1 J. KRiER, R. WAGNER, Römisches Landgut bei Wasserbillig/Langsur „an de Fréinen“, Hémecht 35, 1983, 211-276. – Carte Archéologique du Grand- Duché de Luxembourg, Feuille 19 – Mertert-Wasserbillig, Luxembourg 1983, 28 (19 A-113). 2 KRiER, WAGNER a.o. 276. – P. VAN ossEL, Etablissements ruraux de l’Anti- quité tardive dans le nord de la Gaule, Gallia suppl. 51, Paris 1992, 359-361 (154. Wasserbillig i). 3 Bocksbierg : Carte Archéologique, Feuille 19 a.o. 35 (19 B-17). – sernig : Carte Archéologique du Grand-Duché de Luxembourg, Feuille 18 – Betzdorf, Luxembourg 1973, 29 (18 C-129). – Kuerdboesch : F. REiNERT, Une décou- verte collatérale : Un trésor de l’époque de l’empereur Constantin ier le Grand, Musée info 18, Décembre 2005, 64-65. – sartdorf : Carte Archéologique, Feuille 19 a.o. (19 A-83). – zu den entsprechenden Fundstellen siehe auch: R. WEiLLER, Monnaies antiques découvertes au Grand-Duché de Luxembourg – Die Fundmünzen der römischen zeit im Großherzogtum Luxemburg, Berlin i, 1972; ii, 1977; iii, 1983; iV, 1990; V, 1996 (= FMRL). 4 Allein in WEiLLERs FMRL-Bänden (a.o.) sind bereits 154 Münzen vom Bocksberg publiziert (FMRL i, 373; ii, 213; iV, 244; V, 143). Von den bestimm- baren stücken stammen 34,7 % aus der zeit des Gallischen sonderreiches und 63,1 % aus dem 4. Jahrhundert. Durch die Neufunde der vergangenen 16 Jahre ist die zahl der Fundmünzen von diesem Platz noch wesentlich vermehrt worden, an der zeitlichen Verteilung dürfte sich aber kaum etwas geändert ha- ben. Nicht auszuschließen ist, dass wir auf dem Bocksberg den Tempelbezirk für Merkur und Rosmerta annehmen müssen, welcher durch die 1826 in Wasserbillig gefundene, heute verlorene inschrift CiL Xiii 4208 (= L’Année épigraphique 1987, 771) für das Jahr 232 n. Chr. bezeugt ist. 5 REiNERT a.o. 64-65. 6 C. BECK, Geschichte des Dorfes und der Pfarrei Mörsdorf. Nach den besten quellen bearbeitet, Luxemburg 1917. 7 BECK a.o. 9. 8 im Ur-Kataster von um 1824 findet sich die schreibweise „sartdorff“: vgl. Carte Archéologique, Feuille 19 a.o. (19 A-83). im aktuellen Kataster ist der Flurname mit der luxemburgischen schreibweise „sardrëf“ angegeben. – zu siedlungs- und Flurnamen mit der Komponente „sar-„ bzw. „sart-„ siehe: E. FöRsTEMANN, Altdeutsches Namenbuch, 2: orts- und sonstige geo- graphische Namen, Bonn 1913-1916 (ND Hildesheim 1983), 683-684. – W. JUNGANDREAs, Historisches Lexikon der siedlungs- und Flurnamen des Mosellandes, Trier 1962, 931-932. 9 BECK a.o. 9. 10 Carte Archéologique, Feuille 19 a.o. (19 A-83). 11 Dieses Rinnsal wird im Kataster gelegentlich mit „schirenerbaach“, gelegent- lich aber auch mit „Heselbaach“ bezeichnet. 12 Der Fundplatz wurde dem Luxemburger Museum am 10. september 1985 von Herrn Aloyse Puraye, damals Geo-Pedologe der Ackerbauverwaltung, gemeldet.