112 Wenn Altgrabung und Neugrabung zusammenkommen: zu den Untersuchungen der Jahre 1946 und 2006 im «Centre Pénitentiaire» von Givenich Christiane Bis-Worch und Robert Wagner Das ehemalige zur Gemeinde Mompach, Kanton Echter- nach, gehörige Gut Givenich liegt knapp unterhalb der Hoch- fläche, die sowohl das Sauer- als auch das Moseltal überragt und ist heute für seine offene Vollzugsanstalt bekannt, in der Häftlinge die Möglichkeit einer Resozialisierung bekommen. Im Zuge des Ausbaus dieses Zentrums sollte 2006 nahe den heutigen Ateliers ein neuer Rangierplatz eingerichtet werden. Dieser liegt in einem Bereich, der 1946 schon einmal Ort ar- chäologischer Ausgrabungen war. Damals waren Reste einer römischen Villa sowie mehrere z.T. in Steinsarkophagen lie- gende Gräber freigelegt worden. Deren Interpretation blieb jedoch aufgrund der noch rudimentären Grabungstechniken und der mangelhaften Dokumentation äußerst unsicher. Im Herbst 2005 traten im Vorfeld der Planungen seitens des Bau- herrn bei der Anlage eines Kanals weitere Gräber zu Tage, somit schien eine nochmalige archäologische Untersuchung an der alten Grabungsstelle mehr als angebracht. Die Notgra- bung fand im Frühjahr 2006 statt und dauerte drei Monate. DAS ARCHäoLoGISCHE UMFELD VoN GIVENICH Die Gegend rund um Givenich ist ausgesprochen reich an archäologischen Funden. So sind die in den archäologischen Karten des MNHA verzeichneten Fundstellen prä- und pro- tohistorischer Zeitstellung in der Umgebung Givenichs so zahlreich, dass sie hier – da für unsere Fragestellung nicht re- levant – nicht extra aufgelistet werden (Carte archéologique du Grand-Duché de Luxembourg (CA) feuille 18, 1973 und 19,1983). Auch die römische Epoche und das frühe Mittelalter haben viele Spuren hinterlassen. Davon seien hier lediglich die un- mittelbar auf dem Gelände des Gutshofes gelegenen genannt: - Gutsbesitzer Mathias Theisen soll um 1880 auf seinen Äckern „In den Lehren“ Ziegelscherben hat sammeln las- sen und diese zermahlen im Mörtel zum Bau seiner Kapelle verwendet haben (Mayers 1951, 20). - M.A. Namur berichtet 1851 von der Existenz römischer und fränkischer Gräber zu Givenich, ohne jedoch näher auf die- se einzugehen, ihre Fundlage zu präzisieren oder auch nur seine Informationsquelle anzugeben (Namur 1851, 14/105). - im Jahre 1852 informiert M. Briemeyer die «Société pour la recherche et la conservation des Monuments historiques» über den Fund zweier Sarkophaggräber auf dem Besitz der Familie Braun (Namur 1852, 56; 18/132). Beide Gräber seien mit einem Schwert ausgestattet gewesen. Eines der Gräber enthielt zusätzlich einen Goldring „marquée du signe III“ (Schaaff 1993, 121). Weiterhin soll ein Skelett ein „Loch im Schädel“ aufgewiesen haben. Leider sind dies sämtliche Informationen die wir über die verloren gegange- nen Gräber haben. - wenige Jahre später, um 1885, wird auf dem Grundstück von Mathias Theisen ein weiteres Grab angeschnitten. Die- ses gab nach der Entfernung der oberen Steinplatte ein voll- ständiges Skelett mit Helm, Lanze und Schwert frei (Namur 1890, XVII). Wie bei den ersten Gräbern sind alle Fund- gegenstände verloren, so dass keine genaue Auskunft über das Alter der Funde möglich ist. Der Beschreibung nach könnten sie merowingerzeitlichen Ursprungs sein (Schaaff 1993, 122). - bei der Einrichtung der Beete in der nordöstlichen Ecke der heutigen Strafanstalt stießen die Arbeiter im April des Jah- res 1946 auf die oben schon erwähnten Gräber (Abb. 1). Sie wurden unter der Leitung von Prof. Jos. Meyers, Direktor des Nationalmuseums, untersucht und einer frühmittelal- terlichen Zeitstellung zugeordnet (Rapport PSH 71, 215, 287f.) 1. Einige der Mauern erkannte man dabei als römi- sche Baureste (CA 19, 24; Weiller 1972, 88). Es wurde da- mals zwar ein Grabungsbericht erstellt, dieser jedoch erst 1 Insgesamt waren die Gräber wohl ausgesprochen fundarm. Laut H. SCHAAFF soll eine einzige etwa 60 mm breite Bronzefibel in einem der Sarkophaggräber gelegen haben, sie ist jedoch verschollen (SCHAAFF 1993, 122).