102 Im Juli 2006 konnten die Ausgrabungen unter der Leitung des MNHA beginnen, während die Bauforschung in der Kompe- tenz des Service des Sites et Monuments nationaux (SSMN) lag 5. Auf diese Weise wurden Synergien geschaffen und es konnte – trotz des Arbeitsdrucks – ein hoher Qualitätsstandard bei- behalten werden. Insgesamt dauerte die Grabungskampagne von Mitte Juli bis Anfang Oktober, d.h. 12 ½ Wochen. Im Anbetracht der Tatsache, dass die Aufarbeitung gerade erst angefangen hat, die Analyse des aufgehenden Mauer- werks zudem in den Händen des Denkmalamtes liegt, be- schränkt sich dieser erste Vorbericht ganz auf die archäo- logischen Strukturen. Die weitere Aufarbeitung wird sicher- lich das eine oder andere Detail noch ändern, in ihren gro- ben Zügen kann die Entwicklung der Siedlungsstelle jedoch bereits jetzt vorgestellt werden. DIE RöMISCHEN STRUKTUREN Phase 1-2 Die ältesten Befunde stellen eine Reihe Pfostensetzungen dar, die aufgrund ihrer unterschiedlichen Größe und Beschaffen- heit auf mindestens zwei Nutzungsphasen hindeuten (Abb. 6): Die großen, tiefen und älteren Pfostensetzungen (Abb. 7) wei- sen z. T. Reparationsspuren auf und haben somit längere Zeit bestanden. Die Größe und Tiefe der Pfostensetzungen weist dabei auf ein recht monumentales Gebäude hin, dessen Grundriss jedoch noch nicht rekonstruiert werden konnte, da sich zu wenige Pfostensetzungen erhalten haben. Die nachfolgenden, kleineren Pfostenlöcher sind von recht- eckiger Form und lassen zumindest zwei Reihen erkennen, von denen eine parallel mit Mauerausbruchsgraben 3c ver- läuft. Es könnte sich demnach um ein Steingebäude mit einer Art Holzvordach handeln. Die zweite Reihe der Pfostenlö- cher, welche spitz auf die parallel zu 3c verlaufende Pfos- tenreihe zuläuft, könnte als Teil eines Holzzauns, resp. einer Holzumwehrung, angesehen werden 6, denn da das Gelände kaum 2 Meter nördlich der Pfostensetzungen natürlich ab- fällt, bleibt für ein weiteres Gebäude kein Platz. Was die Datierung dieser zwei Phasen angeht, so ergab eine erste schnelle Durchsicht der Funde 7, dass die Verfül- lung der großen Pfostengruben noch aus augusteischer Zeit stammt, während die kleinen Pfostensetzungen Keramik des 1. Jh. n. Chr. enthielten. Leider haben sich für keine der beiden Phasen genügend Anhaltspunkte erhalten, die eine sichere Rekonstruktion des Aufgehenden zulassen würde. Phase 3 Aufgrund des schlechten Wetters wurde im August 2006 im Keller des ehemaligen Hauptgebäudes mit den Grabungen begonnen. Hier aber stellte sich heraus, dass der resp. die unter dem „Kartoffelstaub“ befindlichen Laufestriche aus römischer Zeit stammten. Das ehemalige Hauptgebäude Colpachs war also lediglich auf die römischen Fundamente und Estriche aufgesetzt worden ! Obgleich an vielen Stellen Abb. 5 Schnitt durch den Flügel aus den 50er Jahren mit dem Kriechkeller (im Hintergrund ist das ehemalige Hauptgebäude zu erkennen). Abb. 7 Eine der grossen Pfostensetzungen während der Freilegung (© MNHA). 5 Für das MNHA die Verfasserin, mit der technischen Unterstützung durch Robert WAGNER und Oliver HAFFNER ; für das SSMN Herr Oliver HAFFNER unter der Verantwortung von Jean-Jacques LISt, seit kurzem für die Burgen zuständiger Konservator des SSMN. 6 Auf die topographie wird später noch detaillierter eingegangen. 7 Vielen Dank an Jean KRIER und Franziska DöVENER für ihre Hilfe bei dieser Schnelldiagnose !