99 Empreintes 2008 pneumatisierten Hohlräume des Processus mastoideus bei dem 2–4-jährigen Individuum (770c) kann auf eine verschleppte Infektion des HNO-Bereichs zurückzuführen sein. Das Ske- lett des 8-jährigen Knaben (760a), bei dem schon die Zahn- befunde auf ein mögliches Syndrom oder eine chronische Erkrankung hindeuteten, zeigt zudem eine schiefe Halswir- belsäule sowie Verknöcherungen bzw. grübchenförmige Ver- tiefungen an den Rippen. Die Rippenveränderungen könnten auf eine vermutlich infektiöse Lungenkrankheit zurückgehen. ZUSAMMENFASSUNG Das untersuchte Kontingent von etwa 50 Individuen beinhal- tet 26 nichterwachsene Individuen (= 52%). Die restlichen erwachsenen Individuen sind nur als Streuknochen belegt und wurden daher nicht weiter in dieser Studie berücksich- tigt. Daher handelt es sich hier auch nicht um eine reprä- sentative Stichprobe der Bevölkerung, sondern nur um einen spezifischen Bestattungsbereich, der besonders Kindern vor- behalten war. Die Altersverteilung der Nichterwachsenen macht jedoch eine pauschale Ansprache als „Traufkinder“ im eigentlichen Sinne eher unwahrscheinlich, denn die meisten der Verstor- benen dürften mit einem Alter von 1 bis 2 und über 5 Jahren schon getauft gewesen sein. Das Neonatendefizit ist vielleicht sogar ein konkreter Hinweis darauf, dass die ungetauft ge- storbenen Neugeborenen und Frühgeburten, die als „Trauf- kinder“ in Frage kämen, in Grevenmacher an einer anderen Stelle des Friedhofs oder einem separaten, durch die Grabung nicht erfassten Bestattungsplatz niedergelegt wurden. Von der Position unter der nördlichen Dachtraufe her iden- tisch, aber mit einer eindeutig auf diese Altersgruppe be- schränkten Zusammensetzung lagen z.B. die Früh- und Neugeborenen im nachreformatorischen Aegerten (Kirche Bürglen 25), in der nördlich anschließenden Gräberreihe dann die älteren Kinder und Erwachsenen, darunter wahrschein- lich Wöchnerinnen 26. In Wangen a. d. Aare wurden Früh- geburten und Neonate häufiger auf dem Friedhof, aber auch innerhalb der Kirche angetroffen 27. Für eine bessere Beurteilung der Situation in Grevenmacher muss der Abschluss der anthropologischen Untersuchungen aller Fundkomplexe abgewartet werden. Nach dem derzei- tigen Stand der Bearbeitung scheint es sich bei dem aus der nördlichen Traufzone von „Kirche 10“ vorliegenden Skelett- material um einen Bereich innerhalb des Gesamtfriedhofs zu handeln, der von der ansässigen Gemeinschaft vielleicht bevorzugt für Kinder, evtl. Knaben bis zur Altersstufe Infans II, genutzt wurde. Die Anwesenheit von Streuknochen Erwachsener spricht eindeutig dafür, dass an dieser Stelle ehemals auch Erwachsenengräber angelegt waren (Umlage- rungen, Grabauflösungen) oder Erdmaterial aus einem ande- ren Friedhofsareal hier angeschüttet wurde. Der stratigraphischen Lage nach müssen die Kindergräber in die Zeit zwischen dem späten 13. Jh. und dem sehr frühen 15. Jh. datiert werden. Da zudem Teile dieser Bestattungs- zone durch einige Erwachsenengräber überlagert werden, kann dieser Brauch keine allzu lange Dauer gehabt haben. Der Zeitrahmen liesse sich demnach weiter einschränken, d.h. vom späten 13. bis in das 14. Jh. hinein. Der Gesundheitszustand, soweit beurteilbar, lässt für die zugrunde liegende Bevölkerung auf eine gesicherte Lebens- grundlage mit Schwerpunkt auf Viehwirtschaft schließen. Für Aussagen bzgl. einer sozialen Stratifizierung oder ver- wandtschaftlicher Beziehungen ist das Material aufgrund des geringen Umfangs nicht ausreichend.<