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Die	„Traufkinder“	von	der	Nordseite		 
der	„Kirche	10“	in	Grevenmacher	(Luxemburg)	– 
anthropologische	Auswertung	der	Skelettreste 
Zuzana	Obertová,	Martin	Menninger,	Joachim	Wahl	und	Christiane	Bis-Worch 
Die Ausgrabungen im Bereich der laut 
Grabungsbericht 1 
als 
„Kirche 10“ bezeichneten Fundamente in Grevenmacher 
fanden in den Jahren 2003 bis 2005 statt. Dabei wurden ne- 
ben dem Friedhofsareal selbst sowohl im Inneren als auch 
direkt neben der Kirche zahlreiche menschliche Skelettreste 
geborgen. 
Die vorliegende Studie befasst sich mit einer Reihe Kinder- 
gräber, die in besonderer Lage entlang der Nordseite des 
Kirchenschiffs angetroffen wurden und daher u.U. als soge- 
nannte „Traufkinder“ angesprochen werden können. Sie 
datieren aufgrund stratigraphischer Gegebenheiten in das 
späte 13. bis sehr frühe 15. Jahrhundert. 
Als „Traufkinder“ bezeichnet man jene Kindergräber, die 
im Mittelalter entlang der Traufzone der Kirchen angelegt 
wurden, da die Kinder ungetauft verstorben waren und man 
durch den vom Kirchendach strömenden Regen eine Art 
„post mortem-Taufe“ erhoffte. Damit sollte den Kindern die 
Vorhölle erspart bleiben oder zumindest verkürzt werden. 
Aufgrund der hohen Kindersterblichkeit fand die Taufe 
i.d.R. möglichst schnell nach der Geburt statt, so dass es sich 
bei den „Traufkindern“ zumeist um Totgeborene oder wäh- 
rend der Geburt verstorbene Kinder 
handelt 2. 
Zwei weitere derzeit in Bearbeitung befindliche, auffällige 
Fundeinheiten aus dem Kircheninneren, u.a. eine Grube, 
die mit der Zerstörung des römischen Vorgängerbaus in der 
2. Hälfte des 3. Jahrhunderts im Zusammenhang stehen 
könnte und ebenfalls eine größere Zahl an Knochen von 
Früh- und Neugeborenen enthält, sollen einer späteren Pu- 
blikation vorbehalten sein, da es hier zunächst einmal nur zu 
klären galt, ob es sich aus anthropologischer Sicht heraus bei 
dem Befund um so genannte „Traufkinder“ handeln könnte 
oder nicht. 
ERHALTUNG	UND	ÜBERLIEFERUNGSGRAD 
Unter jeder Fundnummer wurden Teile mehrerer Individuen 
unterschiedlichen Alters gefunden, davon auch Skelettele- 
mente (Bruchstücke) von maximal 18 erwachsenen Indivi- 
duen. Dabei handelt es sich meist um Fragmente von Hirn- 
schädel oder Langknochen, seltener um Rippen, Wirbel, 
Hand- oder Fußknochen. Diese dürften Überreste von Be- 
stattungen darstellen, die durch Umlagerungen im Rahmen 
von Grabräumungen bzw. -störungen während Baumaßnah- 
men oder der Anlage anderer Gräber in die Füllerde der Kin- 
dergräber 
gelangten 3. Das Ausmaß der Störungen zeigt sich 
in charakteristischer Weise auch am Erhaltungszustand der 
kindlichen Skelette: Obwohl deren Knochenmatrix nahezu 
durchgehend eine feste Konsistenz und kaum Zeichen che- 
mischer und/oder physikalischer Verwitterung aufweist, ist 
von fast allen Individuen weniger als ein Viertel des Gesamt- 
skeletts überliefert. Dies liegt daran, dass die meisten Indi- 
viduen innerhalb kleiner Gruben (aus dem Fundament des 
Kirchenvorgängergebäudes herausgearbeitete rechteckige 
„Grabkisten“) lagen, die immer wieder neu belegt wurden 
(Komplex 291, 299 und 302), so dass sich nur von der jeweils 
letzten Bestattung grössere Anteile erhalten haben. Dazu ge- 
hören z.B. die Fundnummern 725, 726, 760 und 821a. 
METHODEN	DER	ALTERS-	UND	GESCHLECHTSDIAGNOSE 
Während die Bestimmung des biologischen Alters zum Ster- 
bezeitpunkt bei Kindern und Jugendlichen verhältnismäßig 
präzise möglich ist, fällt die Geschlechtsdiagnose deutlich 
schwerer. Selbstverständlich spielt dabei der Erhaltungsgrad 
des Skeletts, d.h. die Möglichkeit der Ansprache unterschied- 
licher Kriterien eine entscheidende Rolle. Zur Altersdiagnose 
wurden folgende, vielfach bewährte Merkmale herangezogen: 
-  Entwicklungsstadien von Milch- und Dauerzähnen bzw. 
des Zahndurchbruchs 4