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ist bis zum Ellbogen erhalten und kräftig angewinkelt. Wie 
von einem Windstoß bewegt, bauschen sich die Längsfalten 
des Gewandes über den Oberschenkeln auf. Der Oberbauch 
und die Brust des Wagenlenkers werden durch eine Art Kor- 
sett aus drei breiten Gurten 
geschützt 3. 
Der Kopf der Statuette, der nahezu halslos an den Oberkör- 
per anschließt, ist überproportional groß geraten. Dadurch 
wirkt der Wagenlenker sehr jugendlich. Auch die großen, weit 
geöffneten Augen, die kleine, flache Nase, die pausbäckigen 
Wangen und der weiche Mund mit den wie schmollend her- 
abgezogenen Mundwinkeln erinnern an die Physiognomie 
eines Kindes. Der Kopf wird von einer dichten Haarmasse 
bedeckt, die aus wild übereinanderfallenden, dicken Korken- 
zieherlocken besteht, bis zum Nacken reicht und die Ohren 
verdeckt 
(Abb.	3). Diese Frisur bildet über der Kalotte einen 
stumpfen Kegel und wirkt dadurch unnatürlich, fast wie eine 
Perücke. 
Gut vergleichbar, wenn auch wesentlich sorgfältiger gelegt, 
ist die Frisur eines tragischen Schauspielers, dessen Gestalt 
ein Bronzegefäß aus Avenches 
formt 4. 
Aus Amiens stammt 
die 5 cm große Bronzestatuette eines nubischen Sklaven, des- 
sen Haar auf ähnliche Weise dargestellt 
ist 5. 
Weiterhin fin- 
det sich diese Haartracht auf zahlreichen Balsamarien aus 
Bronze, seien es Büsten- oder Kopfgefäße, sowie auf Bron- 
zebeschlägen 6. 
Die so Dargestellten werden oft als jugend- 
liche Nubier oder Äthiopier bezeichnet, wobei für diese Be- 
nennung einerseits die Frisur, andererseits die Physiognomie 
ausschlaggebend zu sein scheint. Dementsprechend könnte 
der kleine Wagenlenker aus Altrier aufgrund seiner Haar- 
tracht auch als Afrikaner angesehen worden sein. 
Vor wenigen Jahren hat sich R. Thomas sehr ausführlich mit 
der Darstellung von Wagenlenkern in der römischen Kunst 
beschäftigt 7. 
Diese anläßlich einer aus dem Kunsthandel er- 
worbenen Bronzestatuette des Römisch-Germanischen Mu- 
seums Köln unternommene Untersuchung erlaubt es, den 
Altrierer Neufund im Zusammenhang einer bislang zahlen- 
mäßig recht überschaubaren Gruppe weiterer Wagenlenker- 
Darstellungen aus Bronze zu beurteilen. Demzufolge könnte 
unser auriga auf einem von zwei Pferden gezogenen Wagen, 
einer biga, gestanden haben. In der linken Hand hielt er wahr- 
scheinlich die Zügel, in der rechten wäre eine Peitsche oder 
eine Siegestrophäe (Palmzweig oder Kranz) zu ergänzen. 
Anders als die vergleichbaren Statuetten ist der jugendliche 
Wagenlenker aus Altrier unbehelmt. 
Diese unbehelmte Darstellung erinnert an das als „Parodie“ 
bezeichnete, sogenannte „Kleine Wagenrennenmosaik“ der 
Villa del Casale bei Piazza Armerina 
(Sizilien) 8. 
Dort sieht 
Abb.	3		Wagenlenker aus Altrier (© MNHA). 
 1 
 S. den Beitrag „Neues zum römischen Vicus von Altrier“ S. 59-64. 
 2 
 Für die Deutung der Statuette (inv. 2004-15/1750) als Wagenlenker und den 
Hinweis auf den Artikel von R. tHOMAS danke ich Jean Krier. 
 3 
 Diese Riemenkorsetts bestanden, wie auch ähnliche Bandagen an den 
Beinen, aus Leder oder Leinen. Zu ihrem Schutz trugen die teilnehmer an den 
Wagenrennen außerdem einen Helm aus Leder oder Filz. 
 4 
 A. LEIBUNDGUt, Die römischen Bronzen der Schweiz, II, Avenches (Mainz 
1979) 53 ff. taf. 40 f. – Diese Skulptur wird in die mittelseverische Zeit 
(ca. erstes Viertel des 3. Jahrhunderts) datiert. 
 5 
 Amiens-Métropole (Hrsg.), La marque de Rome – Samarobriva et les villes 
du nord de la Gaule. Catalogue de l’exposition du 14 février au 16 mai 2004 
(Amiens 2004) 160 Kat.-Nr. 247. 
 6 
  C. BRAUN, Römische Bronzebalsamarien mit Reliefdekor (BAR International 
Series 917) (Oxford 2001) 85 Kat.-Nr. 23-27 und z.B. H.U. Nuber, Antike 
Bronzen aus Baden-Württemberg (Schriften des Limesmuseums Aalen Nr. 40) 
(Winnenden 1988) 24, 60, 158 Abb. 58. 
 7 
 R. tHOMAS, Aurigae und agitatores – Zu einer Wagenlenkerstatuette im 
Römisch-Germanischen Museum Köln, KJb 34, 2001, 489-522. 
 8 
 G. DI GIOVANNI, Piazza Armerina – Roman Civilization through the mosaics of 
the Villa de Casale (Palermo 1987) 52 ff. ; R. thomas a.O. 512. 
 9 
 R. tHOMAS a.O. 492 nach G. Horsmann, Die Wagenlenker der römischen 
Kaiserzeit (1998) 19 ff. 
10 
 Aus den Schuttschichten des kleinen tempelbezirks stammen terrakotta- 
Darstellungen weiblicher Gottheiten, neben den typischen „Matronen“ sind 
das auch tonfigurinen der Kybele, der Venus, der Juno und der Minerva. 
11 
 R. tHOMAS a.O. 522. 
12 
 R. tHOMAS a.O. 508 ff.