Ehe wir Saal 9 betreten, blicken wir nach dem Eckgesims, welches links von der Tür einen Pfeiler krônt. Auf den drei Seiten tummeln sich Seeungeheuerz dieses beliebte Motiv auf Grabmälern erinnert an den Zug, welcher die Verstorbe- nen begleitete, wenn sie den Fluß Acheron in Charons Kahn überquerten (47). Saa! 13 CC Die lange Wandvitrine zeigt zur linken eine Auswahl schwarzgefirnisster Becher; daneben prangt eine Menge von Terra-Sigillata-Ware (50). Dieses Luxusgeschirr sollte anfangs Silbergefässe nachahmen. Typisch ist der harte Scherben und der glänzendrote Überzug; Relieffiguren zieren oft die Wandung. Da die Hersteller meist ihre Fabrikate stempelten, ist diese Keramik zeitlich leicht zu bestimmen. Große Reliefschüsseln, Schalen, Tassen, Platten, Krüge, Mörser, Tintenfässer und Gefäße aller Art sieht man hier; sie entstanden in den Werkstätten Italiens, in Süd- oder Zentralgallien (51), am Rheine und in den Argonnen (52). Bei uns wurden sie seit dem Ende des 1. Jahrhunderts v. Chr. bis ins 4. Jahrhundert n. Chr. eingeführt. Guterhaltene Stücke stammen vor allem aus Grabstätten, wie z. B. aus den Gräberfeldern des Titelbergs, des Marscherwalds oder von Steinfort. Tôpferstempel finden Sie in einer kleinen Wandvitrine daneben, interessante Bruchstücke von Formschüsseln und Schalen in benachbarten Tischvitrinen. Andere Schaukästen zeigen sog. «Terra Belgica» (53). Etwa fünfzig verschiedene Stempel belgischer Töpfer sind in unseren Sammlungen vertreten. Erwähnen wir hier das große, graue Gefäß in «belgischer» Art, welches Jagdszenen in Reliefschmuck zeigt. Wahrschein- lich in Lavoye hergestellt, wurde es nahe dem Tossenberg zwischen Mamer und Strassen gefunden (54). In derselben Vitrine steht noch marmorierte Keramik, wie sie zu Speicher in der späteren Kaiserzeit hergestellt wurde. Die kürzlich unter Aufsicht des Museums durchgeführten Grabungen des Herrn Georges Kayser erlaubten uns sieben Vitrinen dieses Raumes mit dem außergewöhnlich reichen Grabmobiliar von vier edlen Treverern auszustatten, deren Asche in den Jahren 15-10 vor Christus bei Goeblingen- Nospelt beigesetzt wurde; es begreift 150 verschiedene Bei- gaben (70 zerbrochene Opfergefässe sind nicht ausgestellt). Die Keramik haftet noch teilweise an den althergebrachten Lateneformen und einheimischen Techniken: so z. B. die schwarzgraue Schmauchware ; teilweise handelt es sich auch schon um Importware, wie bei den Amphoren, den ein- und zweihenkeligen Krügen, den HILARVS-ACO gestempelten Bechern oder den seltenen Sigillaten aus Arezzo. Vereinzelte rote oder graue Platten zeigen Nachahmungen der begehrten Sigillatatypen. Mehrere Tonfässer (welche bis zu 130 Liter fassen) scheinen provinzialischen Ursprungs zu sein (56). Das Bronzegeschirr hingegen stammt fast ausschließlich aus Italien, so die kampanischen Weinsiebe und Weinkellen, die Becken (58), die Situla, die Weinkannen und die Schwanen- kopfpfanne. Der groBe Bronzekessel jedoch, die reichverzierten Schwert- scheiden und Flo/zeimerbeschläge sind das Werk keltischer Handwerker (57, 59). Erwähnen wir nur noch die Reitsporen, die Schildbuckel, die Lanzenspitzen, usw. In einer Ecke ist ein Weinkeller eingerichtet, wie sich ihn unsere vornehmen Treverer wohl wünschten (56). Sie ver- schmähten sicherlich weder den eingeführten Wein noch ihre traditionellen Gerichte, wie Überreste der beim Leichen- schmaus verzehrten Wildschweine bezeugen. Grab D wurde in einer Eckvitrine wirklichkeitsgetreu wieder- hergestellt. Ein Hiebmesser neben Eber- und Rehknochen sowie ein Trinkhorn dürften an das echte keltische Festmahl erinnern, wie Cäsar es in seinen Commentarii de Bello Gallico beschreibt (VI, 28). Etwa zehn archäologische Fundplätze wurden bis jetzt in der Nähe von Nospelt ausgemacht. Sie ergaben: in «Miecher» eine große Römervilla, die konserviert wurde und besichtigt werden kann; eine weitere Villa und fränkische Grabhügel «op Telpeschholz»; einen römischen Friedhof «op Tonn» dessen Mobiliar aus dem 1. und 2. Jahrhundert zum Teil im 3. Stock des Museums ausgestellt ist. In einem andern Fried- hof auf «Kräckelbierg» wurde kürzlich u. a. ein sehr reich- haltiges Grab des 2. Jahrzehnts des 1. Jahrhunderts entdeckt, mit arretinischer Sigillata aus den bekannten Werkstätten des Cn. Ateius und seines Freigelassenen Xanthus, Amphoren und Henkelkrügen (60), sehr feiner belgischer Ware, Münzen des Kaisers Augustus, Fibeln, und dergleichen mehr. Saal 10 Angezogen durch den schönen Torso einer Venus aus Marmor — wohl eine hellenistische Arbeit oder eine römi- sche Kopie — (62), begeben wir uns in das Münzkabinett. Hier kann man eine Auswahl unserer Sammlung bewundern, VE